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Meeting Canceled? Workshops in Zeiten von Social Distancing.

Nicht erst seit Corona stellt sich für uns die Frage: Wie arbeiten wir eng und konzentriert zusammen ohne im selben Raum zu sein?

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Neben einer intensiven Auseinandersetzung mit Zielgruppen und Nutzern in qualitativer Forschung aber auch Prototyp gestützten Nutzertests ist ein wesentliches Elemente unsere Arbeit, die intensive und fokussierte Zusammenarbeit mit allen relevanten Stakeholdern und Umsetzern — idealerweise in Working-Sessions oder Workshops.

Während wir in der Forschung, etwa bei qualitativen Interviews mit Video-Calls oder bei quantitativen Umfragen mit digitalen Tools arbeiten und auch Nutztests häufig remote durchführen — sind unsere Workshops und Working-Sessions bisher fast ausschließlich onsite.

Das hat den Vorteil, dass wir optimal auf alle Beteiligten und ihre Bedürfnisse eingehen können, Emotionen und Stimmung gut transportiert werden und so ein tagesfüllender Workshop nicht einfach anstrengend, sondern aktivierend und stimulierend ist und dabei maximale Ergebnisse bringt.

In einer Zeit in der Teams immer stärker verteilt sind und das Bewusstsein etwa für klimaschädliche Flugreisen steigt, ist das Thema Remote- oder Virtuelle-Workshops zunehmend relevanter. Durch die Coronavirus-Pandemie hat sich diese Relevanz nun schlagartig massiv erhöht: wer nicht wochen- oder sogar monatelang auf einen Onsite-Workshop warten und damit drängende strategische Entscheidungen oder Entwicklungen im Unternehmen blockieren will, muss umsteigen. Auf den ersten Blick scheint das leichter gesagt als getan.

Doch obwohl remote arbeiten eine zusätzliche Komplexität darstellt, muss man sich davon nicht abschrecken lassen. Es gibt inzwischen genug Good und Best Practice Beispiele an denen sich Einsteiger orientieren können. Im folgenden zeige ich dir eine Reihe der wichtigsten Erkenntnisse, wie du Stolperfallen umgehen und Herausforderungen meistern kannst.

Remote vs. Virtuell

Bevor wir in Details einsteigen gibt es hier vorab eine zentrale Abgrenzung, die im weiteren Verlauf wichtig ist. Grundsätzlich sprechen wir immer dann von einem Workshop oder einer Working-Session, wenn eine feste Gruppe von Leuten in einem gegebenen kurzen Zeitfenster zusammen eine Aufgabe löst UND sich alle Beteiligten dazu verpflichten für die Dauer des Workshops ihre Aufmerksamkeit ausschließlich auf diesen zu richten und keine anderen Aufgaben oder sonstige Ablenkung zuzulassen.

Neben Onsite-Workshops unterscheiden wir zwischen zwei Remote-Varianten: Remote-Workshops und Virtuelle-Workshops. Der zentrale Unterschied liegt dabei darin, ob die Beteiligten zur gleichen Zeit anwesend sind bzw. ob sie an der gemeinsame Aufgabe synchron oder asynchron arbeiten.

In Virtuellen Workshops sind alle Beteiligten für die Dauer des gesamten Workshops virtuell. Sie sind also z.B. via Video-Call oder via Messenger anwesend und arbeiten synchron an der gemeinsamen Herausforderung — unabhängig davon ob das Team zusammen arbeitet oder jeder für sich (ausgenommen sind Pausen für Mittagessen o.ä.). Auch in einem Remote-Workshop kann es, abhängig vom Thema, Phasen geben, zu dem alle virtuell anwesend sind. In diesen synchronen Phasen geht es üblicherweise vor allem und Abstimmung und Planung der nächsten Schritte. Darüberhinaus arbeitet jeder für sich an festgelegten Aufgaben und liefert die Ergebnisse bis zu einem verabredeten Zeitpunkt.

Remote-Workshops spielen insbesondere dann eine Rolle, wenn sich die Beteiligten nicht in der selben Zeitzone aufhalten. Ist dies nicht der Fall, würden wir gerade Teams, die nicht regelmäßig zusammenarbeiten oder Einsteigern immer einen Virtuellen Workshop empfehlen. Die Verbindlichkeit zu Teilnahme ist hier deutlich höher, was sich ganz wesentlich darauf auswirkt, ob das gewünschte Ergebnis auch erreicht wird.

Wenn wir uns die Stolpersteine und Herausforderungen anschauen, die in einem virtuellen oder Remote-Workshop auf uns zu kommen, dann gibt es im Wesentlichen zwei Kategorien:

  1. Herausforderungen, die sich aus der Durchführung in remote ergeben und
  2. Herausforderungen, die es in jedem Workshop gibt, die remote aber anders gelöst werden können.

Spezielle Remote-Herausforderung

1. Technische Probleme

Technische Probleme muss man grundsätzlich immer erwarten, wenn Technik genutzt wird. Während ich onsite viele Probleme — wie etwa eine fehlende Verbindung zum Beamer — einfacher überspielen kann, können technische Probleme remote dazu führen, dass der ganze Workshop nicht statt finden kann. Zu den typischen Problemen gehören Schwierigkeiten mit Internetverbindung und WiFi, Probleme bei der Installation von Tools z.B. Videokonferenz-Software, aber auch Audio-Probleme wie Rückkopplungen und Echos.

Den meisten technischen Schwierigkeiten kann man begegnen, indem man das Setup mit allen Teilnehmer:innen einzeln vorher(!) testet. Hierfür sollte vor dem eigentlichen Workshop ein Technik Setup & Test durchgeführt werden. Idealerweise in einem kurzen Video-Call, um sofort individuelle Hilfestellung leisten zu können. Wenn 1zu1 Video-Calls zeitlich keine Option sind, kann Setup & Test auch in Kleinstgruppen erfolgen. Alternativ kannst du auch kurze Video-Clips erstellen, die die Einrichtung aller Tools erklären und auf gängige Probleme und Fragestellungen eingehen. So kann jede:r Teilnehmer:in das Setup selbst einrichten und testen.

Doch auch eine noch so gute Vorbereitung schützt nicht vor Problemen, die spontan zu Beginn oder während des Workshops auftreten können. Für solche Fälle sollte — wie in einem Onsite-Workshop — ein:e Assisten:in bereitstehen, die hier aber insbesondere Teilnehmer:innen bei der Lösung von technischen Schwierigkeiten hilft, ohne, dass der Facilitator sich darum kümmern muss. Außerdem sollten für gängige Probleme, wie Verbindungsschwierigkeiten, Ausweichmöglichkeiten geplant werden, z.B. ein kurzzeitiges umstellen auf reine Audio-Calls, Telefon oder ggfs. Messenger.

2. Neue & unbekannte Tools

Das begleitete Einrichten und Testen neuer Tools garantiert noch nicht, dass auch alle Teilnehmer:innen im Workshop damit störungsfrei arbeiten können. Daher sollte im Vorfeld abgewägt werden wie technologieaffin die Beteiligten sind und wie sie mit neuen Tools umgehen.

Screenshot eines Mural Boards mit verschiedenen Elementen Post’its und Scribbels
Mural Board by mural.co

Je nach Komplexität der zu bearbeitenden Aufgaben, sollten möglichst einfache Tools verwendet werden (z.B. Google Docs oder Tabellen). Bei komplexeren Kollaborationsumgebungen wie miro oder mural sollte entsprechend Zeit zum ausprobieren eingeplant werden. Alternativ sollte der Facilitator in den ersten Durchläufen einen Großteil der Interaktion mit dem Tool übernehmen. Auch eine Kombination von analogen Arbeitsmitteln (Notizpapier, Templates, Post-its) und ein digitales Teilen (abfotografieren, einscannen) kann den Übergang erleichtern.

Screenshot eines miro Boards mit Elementen des Design Sprint Templates
Design Sprint Board by miro

Übliche Probleme — andere Lösung

Neben den Herausforderungen, die sich im besonderen aus der Remote-Durchführung ergeben, gibt es eine ganze Reihe von Problemstellungen vor denen ein Facilitator in jedem Workshop steht. Die Lösung kann aber remote ganz anders aussehen.

1. Aufmerksamkeit & Teilhabe

In jedem Workshop hat ein Facilitator die Aufgabe, das Konzentrationslevel aller Beteiligten möglichst hochzuhalten. Deswegen sollte er Ablenkungen reduzieren und die aktive Teilnahme an allen Aktivitäten fördern. Dies kann, je nachdem welche Typen im Workshop anwesend sind, schwerer oder leichter sein. In einem Remote-Workshop scheint dies noch komplizierter zu sein. Aber auch hier geht es vor allem darum, alle Möglichkeiten vorher gedanklich durchzuspielen und vorbereitet zu sein:

Das Konzentrationsvermögen ist bei jedem Menschen begrenzt. Um es hochzuhalten und gleichzeitig die Teilhabe zu befördern, sollten Teilnehmer:innen immer eine Aufgabe haben. So kommen sie nicht in die Verlegenheit sich nur “berieseln” zu lassen. Außerdem verhindern kürzere Arbeitsphasen im Wechsel mit Pausen sowie ein Wechsel verschiedener Aufgabentypen, dass Teilnehmer ermüden und Langeweile aufkommt.

Da es im Gegensatz zu Onsite-Workshops nicht die Möglichkeit gibt verschiedene Aufgabentypen auch in verschiedenen Arbeitssituationen (allein sitzend, in der Gruppe am Flipchart stehend usw.) zu lösen, sollten spezielle Bewegungspausen eingeplant werden. Diese können zusammen absolviert werden und dienen so gleich zur Auflockerung und zur Unterhaltung der Gruppe.

2. Ablenkungen

Ein wesentlicher Aspekt beim Thema Aufmerksamkeit und Teilhabe ist die Abwesenheit von Ablenkung. Während ich in einem Onsite-Workshop die Teilnehmer:inen dazu auffordern kann, zu Beginn ihre Mobiltelefone, Laptops usw. abzuschalten und nur in den Pausen zu nutzen, ist dies in einem Remote-Workshop naturgemäß schwierig, da es sich z.T. um das zentrale Arbeitsmittel handelt. Dennoch kann ich darum bitten, das alle nicht benötigten Programme, insbesondere solche mit hohem Ablenkungspotential wie Mailprogramme, Messenger oder Nachrichtenportale geschlossen werden.

Im Onsite-Workshop kann ich zudem besser beobachten, ob die Beteiligten sich an die Vorgabe halten. Aber auch über einen Video-Call kann ich bis zu einem gewissen Grad erkennen, ob Leute abgelenkt sind und dies ansprechen oder die Personen durch zusätzlich Aufgaben stärker einbeziehen. Naturgemäß ist jemand offener für Ablenkungen, wenn die eigentliche Aufgabe nicht interessant, relevant oder anderweitig ermüdend ist.

3. Pünktlichkeit

Egal ob es darum geht pünktlich zum Start eines Workshops zu erscheinen oder nach einer Pause wie vereinbart zurückzukommen. Die Pünktlichkeit aller Teilnehmer:innen zu sichern ist regelmäßig eine Herausforderung für einen Facilitator. Während ich in Onsite-Workshops nach Pausen häufig eine kleine Runde drehe, um alle Teilnehmer:innen wieder einzusammeln, ist mir das remote nicht möglich. Allerdings habe ich hier ausnahmsweise einen Vorteil. In Onsite-Workshops werden die Pausen von den Teilnehmer:innen häufig zum Austausch verwendet. Dabei kann man schon mal die Zeit vergessen. In Remote-Workshops sind die Teilnehmer:innen häufig allein und damit weniger von solchen Ablenkungen betroffen.

Um die Pünktlichkeit nach Pausen zu erhöhen experimentieren wir derzeit mit einer Art Schulglocke, also einem akustischen Signal, dass das Ende der Pause signalisiert. Darüberhinaus arbeiten wir mit einer Reihe von strengen Maßnahmen, die bis zum Ausschluss vom Workshop gehen kann, wenn jemand wiederholt oder in großem Maß zu spät kommt und hierdurch die Ergebnisse des Workshops gefährdet. Welche Maßnahmen in der jeweiligen Situation nötig aber auch angemessen sind, muss nach Auftrag und Situation entschieden werde. Hier ist eine enge Abstimmung mit dem beauftragenden Partner auf Kundenseite wichtig.

4. Endlose Diskussionen & Timings

Zu guter Letzt meine persönliche Horror-Situation in Workshops: Die Gruppe verliert sich in endlosen Diskussionen, deren Beitrag zum Ergebnis mit zunehmender Länge exponentiell abnimmt.

Um dies zu verhindern ist es grundsätzlich sinnvoll, alle Aufgaben und Übungen im Workshop mit einem festen Zeitrahmen zu versehen. Das hilft den Überblick zu behalten und ermöglicht es, bei zu langen Diskussionen darauf zu verweisen, dass eine Entscheidung gefällt werden muss, da sonst das Endergebnis in Gefahr ist.

Damit die geplanten Zeitfenster auch eingehalten werden, lassen sich Entscheidungen durch verschiedenen Formen des Share & Vote abkürzen, d.h. einzeln erarbeitete Lösungsvorschläge werden mit der Gruppe geteilt und anstatt zu diskutieren bekommt jede:r Teilnehmer:in eine begrenzte Anzahl von Votes und kann so die eigenen Favoriten bestimmen. Kollaborative Arbeitsumgebungen wie das bereits erwähnte miro oder mural, eigenen sich hervorragend zur Abstimmung.

Auf diese Weise kann ein Großteil der Diskussionen vermieden werden. Um die übrigen Diskussionen zu minimieren, wird nach Ablauf des geplanten Zeitrahmens eine Entscheidung erzwungen. Wenn sich die Gruppe nicht einigen kann, muss eine dafür festgelegte Person die Entscheidung treffen. Hierbei ist es wichtig, dass die Person natürlich auch über entsprechende Befugnisse verfügt und alle Beteiligten mit dieser Person als Entscheider:in einverstanden sind. Wer eine Entscheidung im Streitfall treffen darf, sollte zwingend vor dem Workshop festgelegt und zu Beginn kommuniziert werden.

Sollte es doch einmal schwierig sein, in einer laufenden Diskussion wieder das Wort an sich zu reißen, sind wir in Remote-Umgebungen tatsächlich im Vorteil. Während ich mir in Onsite-Workshops mithilfe von körperlicher Präsenz im Raum oder auch mit einer kräftigen Stimme Gehör verschaffen muss, kann ich hartnäckigen Remote-Teilnehmer:innen auch einfach mal das Micro muten, um eine Diskussion zu unterbrechen. Das ist nicht höflich aber äußerst effektiv und wirkt bei den meisten Teilnehmer:innen erfahrungsgemäß nachhaltig erzieherisch.

Aber auch hier gilt: Welche Maßnahmen in der jeweiligen Situation zielführend und angemessen sind, sollte vorher abgewägt und idealerweise mit dem Kunden abgestimmt werden.

Fazit: Vorbereitung ist alles

Remote- oder Virtuelle-Workshops sind eine gute und funktionale Alternative für Onsite-Workshops. Und das nicht nur, wenn sich Treffen keine Option ist, sondern auch wenn es einfach unpraktisch oder aus anderen Gründen nicht guten Gewissens hergestellt werden kann. Wir sollten den aktuellen Zwang daher als Chance sehen etwas Neues anzugehen.

Das Wichtigste bei der Umsetzung ist eine gründliche Vorbereitung — lieber ein Planungsgespräch und einen Technik-Test mehr machen, als im Workshop mit technischen Problemen oder Verständnisschwierigkeiten kämpfen. Und als zweites — entspannt bleiben, auch wenn nicht gleich alles beim ersten Mal flutscht. Denn die Möglichkeiten, die sich dadurch aufmachen sind den einen oder andere Testlauf definitiv wert!

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