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Interview

Innovationstreiber Playfulness: Spielerisch zur Mutkultur

Was Spielen mit Innovation zu tun hat, durften wir in unserer 33. “Campfire on Mars”-Mission aus erster Hand von Till Hasbach, dem Gründer von Playful Business und Entwickler von Moonshot – The Innovation Game erfahren.

Moonshot – The Innovation Game:
Innovation lässt sich spielen!

„Moonshot macht den Innovationsprozess spielerisch erfahrbar. Die Spieler:innen treten mit ihren Ideen gegeneinander an und transformieren sie fortwährend anhand von unterschiedlichen Kreativitätstechniken“ lautet die Beschreibung des Spiels. Macht neugierig, oder? Erfahre hier mehr.

Wir können bestätigen: Die unterhaltsame Herangehensweise an kreative Ideenfindung erzeugte einen ungewöhnlichen Blick auf das Neue, indem paradox erscheinende Dinge kombiniert wurden und spielerische Methoden Offenheit und Kreativität anregten.

Aus diesem “Kreativitäts-Boost” schöpfte ich sogar noch Tage lang! Kein Wunder, begriff ich, als ich mich im Nachhinein mit der Thematik auseinander setzte – Spielen ist nichts anderes als das Nicht-Bewerten von Fehlern in einer ergebnisoffenen Lernschleife:

“Lage einschätzen, ausprobieren, hinfallen, daraus lernen, adaptieren und gleich noch einmal in eine ergebnisoffene Schleife, in der unsere Kreativität erwacht. Das macht ein Spiel aus.” 1

Campfire on Mars nennen wir unser interaktives Event-Konzept, bei dem Expert:innen von ihrem „Planeten“ berichten und regelmäßig frische Impulse und neue Blickwinkel für Innovator:innen und Business Entscheider:innen mitbringen.

Komm in unsere Meetup-Gruppe und sei beim nächsten Mal dabei!

Spielerisch zur Mutkultur

Kleinkinder wissen nichts von Fehlern und folgen ihrem angeborenen Lerntrieb. Leider erfahren wir in der Entwicklung vom Kind zum Erwachsenen von der Gesellschaft: Fehler und Misserfolge sind eigentlich unerwünscht, wer scheitert muss mit Konsequenzen rechnen. So wird der Spieltrieb abgewöhnt.

Diese Prägung ist Gift für Kreativität und Mut. Sobald wir diese Tatsache allerdings anerkennen, stellt sie uns vor ein riesiges Innovationspotenzial. Denn im Umkehrschluss gilt: Playfulness kann zur Etablierung einer Mutkultur beitragen. Und Mut brauchen wir für disruptive Ideen, außergewöhnliche Lösungsansätze und Geschäftsmodelle, die uns einen Vorsprung am Markt verschaffen.

Du willst die Innovationskraft deines Unternehmens durch einen nachhaltigen Kulturwandel erhöhen? Hier findest du Informationen zu unserer Herangehensweise.

Till Hasbach beschreibt Mutkultur als Stimmung innerhalb einer Organisation: “Mut hat ja auch etwas mit Gefühlen zu tun. Und so eine Mut-Mood können wir schaffen, beispielsweise durch inspirierende Routinen, interaktive Formate und spannende Austausch-Impulse. Und da kommt die Superkraft von Spielen ins Spiel: Leute aus der Reserve locken, Selbstzensur antizipieren und Teams motivieren – mutivieren!”

XO: Welche spielerischen Routinen können wir in den Arbeitsalltag integrieren, um Mut und Risikobereitschaft zu schulen?

Till Hasbach: Im Prinzip kann jeder Schritt des Arbeitsalltags spielerisch gestaltet werden. Das fängt schon beim Bewerbungsprozess an: Häufig führen klassische Bewerbungsgespräche nicht zu einer guten Grundlage für die realistische Einschätzung von Bewerber:innen. Simple Kennenlern-Games bringen das Gespräch auf eine persönlichere Ebene und vermitteln zudem von Anfang an einen Einblick in die Unternehmenskultur. Individuelle Varianten klassischer Gesellschaftsspiele, wie Stadt-Land-Fluss (mit gemeinsam gesammelten, spannenden Kategorien) oder Fun-Facts als Ergänzung zu Fragebögen sind absolute Kennenlern-Beschleuniger und bringen viel spannendere Geschichten zutage, als die Frage nach dem Lieblings-X.

Eine gute Grundlage zur Etablierung von Playfulness in Organisationen kann ein Spieleabend sein. So lernen sich Teams noch einmal ganz neu kennen und es entsteht ein gemeinsames Verständnis der Wirksamkeit von Playfulness. Im nächsten Schritt können wir die Erkenntnisse auf den Arbeitsalltag ableiten und uns alle Prozesse angucken, die gerade nicht gut funktionieren. Das bedeutet in dem Fall, wir analysieren, welche Prozesse uns bisher keinen Spaß machen. „Wo haben wir gerade keine gute Zeit auf der Arbeit und was ist eine spielerische Lösung dafür?“ Aus den Lösungen lassen sich dann interaktive Formate entwickeln.

XO: Neben den Routinen spielen Infrastrukturen eine Rolle. Mit einem Kicker im Büro ist es ja nicht getan. Wie können wir eine Atmosphäre schaffen, die das Explorieren und Ausprobieren bei Mitarbeiter:innen und Teams fördert?

Till Hasbach: So doof das auch klingt – Mutkultur muss von der Führung vorgelebt werden. Es reicht nicht zu sagen „Exploriert, probiert euch aus. Macht das mal zusätzlich, aber als Führung will ich damit nichts zu tun haben“. Stattdessen müssen gezielt Freiräume geschaffen werden. Zum rumspielen, rumspinnen und Ideen entwickeln. Und das nicht nur einmalig, bei einem Retreat oder Workshop, sondern als permanenter Teil der Arbeitswoche.

Es gibt zwei essentielle Fragen, die Mitarbeitende zu Intrapreneurship anregen: „Was kannst du besonders gut?“ und „Was machst du besonders gerne?“. Diese Fragen sprechen die innersten Antriebskräfte an! Häufig wird nur mit Bezug auf den Bedarf des Unternehmens gefragt: „Was kannst du, was wir brauchen?“. Der Mut zum Ausprobieren, Explorieren und Lernen lässt sich aber nur entwickeln, wenn wir Mitarbeitende das machen lassen, was ihnen wirklich wahnsinnig viel Spaß macht. Durch diesen Antrieb nehmen wir das Risiko zu Scheitern in Kauf.

In der Spieleforschung nennt man derartige Freiräume Magic Circle. Darin passiert etwas: Andere Dinge sind möglich, eine andere Art von Mut ist möglich und Fehler zu machen wird viel natürlicher. Den Schritt in diesen Magic Circle und den Mut dazu zu haben, nicht vorher wissen zu können, ob etwas funktioniert oder nicht und es trotzdem zu machen, können wir trainieren und in den Arbeitsalltag mitnehmen.

    XO: Das Big Picture der Unternehmenskultur mal beiseite – hast du einen ganz konkreten Geheimtipp fürs Warm-up in einem Workshop? Mit welcher Übung bringst du auch konservative Menschen ins Spielen?

    Till Hasbach: So einen Geheimtipp hab ich! Sogar mehrere. Ich fange gerne mit einer unscheinbaren aber fantastisch effektiven Check-in-Frage an: „Was ist das letzte Spiel, das du gespielt hast und wann war das?“ Die ist deswegen so gut, weil sie überrascht und Spaß macht, und jeder eine Antwort darauf hat. Irgendwann haben alle mal gespielt. Die meisten Leute wissen voneinander aber nicht, was sie gerne spielen – und ob sie überhaupt gerne spielen, oder sich zum Beispiel von ihren Kindern überreden lassen. Das verrät viel übereinander und ist ein wahnsinnig toller Eisbrecher. Da kann’s auch auf einmal um Strippoker gehen!

    Eine andere, unfassbar niedrigschwellige aber effektvolle Möglichkeit ist das Schnick-Schnack-Schnuck-Turnier. Kann man sich was drunter vorstellen, oder? Das funktioniert gut mit 10 – 25 Personen. Jede Person im Raum sucht sich einen Gegenspieler bzw. eine Gegenspielerin und spielt gegeneinander Schnick-Schnack-Schnuck. Wer zweimal gewinnt, ist Sieger:in der Runde. Sagen wir, du gewinnst gegen mich. Ich bin dann nicht raus aus dem Spiel, sondern ich bin jetzt dein Fan! Das heißt, ich feuer dich jetzt an und du suchst jemand anderen, der auch gewonnen hat und auch vom vorherigen Gegenspieler angefeuert wird. Und ihr tretet dann auch wieder gegeneinander an. Und am Ende hast du zwei Leute, die angefeuert werden beim Schnick-Schnack-Schnuck spielen. So startet man mit einer wahnsinnig hohen Energie in den Tag! Das ist ganz einfach, in fünf Minuten gespielt, jeder kennt Schnick-Schnack-Schnuck, und du kriegst die Leute auf das Level.

    Das nächste ist nicht so energetisch, wie das Schnick-Schnack-Schnuck-Turnier, aber man kann es mit weniger Personen spielen: „Ich weiß, was du denkst“ heißt das Spiel. Meistens wissen Leute nicht, was das Gegenüber denkt. Und Ziel des Spiels ist es, gleichzeitig das gleiche Wort zu sagen ohne sich zu verständigen. Man zählt runter und sagt zunächst ein beliebiges Wort. Dann kann man sich Runde um Runde, ohne miteinander zu sprechen, aneinander annähern, weil man versucht zu erraten, woran der andere denkt. Das ist ganz spannend: Wie entwickelt sich die Dynamik, wer passt sich an wen an? Passt sich keiner an? Und es geht darum, in möglichst wenigen Runden zum Ziel zu kommen.

    Das sind konkrete und effektvolle Möglichkeiten, auch konservativen Teilnehmer:innen einen Zugang zum Spielen zu geben. Grundsätzlich ist es wichtig, das die Mitarbeitenden merken, Playfulness wird ernst gemeint. Und das ist das Skurrile: Spielen ernst nehmen. Und sich selbst dabei nicht zu ernst nehmen. Wenn du das in einer Organisation erreicht hast, dann hast du eine Mutkultur etabliert, in der du deine Mitarbeiter:innen so aus der Reserve locken kannst, dass sie ihre Kreativität auch im Projektalltag nutzen können. Um da sukzessive hinzukommen, sind Spiele wirklich perfekt!

    Till, danke für die neuen Impulse beim Campfire on Mars und praktischen Anregungen in unserem Interview!

    Till Hasbach - Entwickler von Moonshot - The Innovation Game

    Till Hasbach ist Entwickler von Moonshot – The Innovation Game und Gründer von Playful Business. An der Schnittstelle zwischen Spieleentwicklung und Beratung begleitet er Unternehmen in der Kultivierung einer spielerischeren Innovationskultur. In der Entwicklung und dem Einsatz von Serious Games, kombiniert er gerne paradox erscheinende Dinge und erzeugt mit spielerischen Metho­den einen ungewöhn­lichen Blick auf das Neue. Das die mutierte Kopie der Weg zur Originalität ist, hat er von chinesischen Entrepreneuren in Shenzhen gelernt.